|
|
|
|
Briefe aus Leimen nach 1945
Brief
von Kätchen Brandner vom 29.August 1951 an Friedel Ehrmann in Amerika

„Liebe
Friedl u. alle lb. Angehörigen!
Heute
wage ich's Euch wieder mal zu schreiben, da lb. Otto u. ich seit
Januar auf Nachricht hofften. Otto sagte immer "wenn wir Amerikaner
Besuch bekommen im Sommer, da freue ich mich so sehr." M. Lieben
schweren Herzens teile ich Euch mit, daß lb. Otto am 12. Juli (infolge
Herzleidens) nach zweitägiger Erkrankung zur ewigen Ruhe ging. Da wir
leider bis jetzt von lb. Rudi nichts wissen, ist dies für mich ein
doppelter Schmerz, wie einsam ist es doch bei mir geworden. Das
Schlafzimmer habe ich an einen jungen Herrn vermietet; so kann ich mir
die Miete verdienen; im vorderen Eckzimmer habe ich Wohn- und
Schlafzimmer zugleich; wenn jemand von Euch kommt, wird das Zimmer frei
werden.
M. Lieben! Die Jahre, seit von Euch niemand hier im Hause
wohnt, hat Otto u. ich immer nach dem rechten gesehen, als Hauswarth,
u. wie ich Euch schrieb, bekam er dafür eine kleine Vergütung von 5 DM;
ich hab dies im Sinne hier paar Wochen weitergemacht; heute bekam ich
von Leidel, die unser Zimmer ausgemeßen, einen Zettel, Leidel sei jetzt
Hauswarth; Leidels haben in letzten Wochen ihre Räume herrichten
lassen. Würde mich sehr interessieren, ob dies auf Kosten der
Verwaltung ging. Frau Leidel geb. Fünfgeld bringt dies fertig, ihr Mann
ist ein Bayer, die machen alles nur zu Ihrem eigenen Vorteil. Ich kann
zum mindestens dies weiter machen, wie bisher. Es wäre doch gut, wenn
jemand von Euch kommen könnte; könnt ihr dagegen etwas unternehmen? Es
bebt in mir, da so plötzlich alles auf mich kommt. Darf ich bitten, daß
Ihr doch bald Antwort gebt. Lb. Otto sagte, da könnte viel Geld erspart
werden, wenn wir die Verwaltung hätten.
Lb. Friedl! Du wirst mich
verstehen, wie mir zu Mute ist, da Du vor Jahren gleiches Leid hattest,
eins nur, daß Du den lb. Karly hattest, wäre Rudi bei mir, das wäre ein
guter Trost. Otto wollte noch gern bei mir bleiben, da ich schon drei
Jahre ärztliche Hilfe brauche.
Wie
geht es euch allen? Hoffe, Euch alle bei bestem Wohlsein zu wissen.
Kurt u. lb. Frau können doch auch mal nach Deutschland kommen. L.
Friedl ich hatte doch immer nach Amerika gewollt, wenn Rudi gekommen,
dann ja, nun ist alles dahin. Entschuldigt, daß ich heute von Leimen
nichts schreiben kann.
Wünsche Euch alles Gute, verbunden mit vielen
herzlichen Grüßen von Eurer in Tränen vereinsamten Kätchen. Auch Frl.
Mina Ehrmann herzl. Grüße.“
Brief
von Kätchen Brandner vom 25.Februar 1952 an Friedel Ehrmann in Amerika

„Liebe
Friedel und alle lb. Angehörigen!
Habe
recht herzlichen Dank für lb. Brief vom 30.10.; es tut mir sehr leid,
daß ich nicht gleich antworten konnte. Ich war bis nach Weihnachten
krank, Nieren u. Herzleiden mit heftigen Schmerzen; von Mitte Januar an
war ich bis jetzt bei Frau Bär. Die ist auch sehr herzleidend Lehrer
Bär ist nun 10 Jahre tot. Die zwei Söhne der älteste und der jüngste
sind gefallen im Krieg. So verging der Winter vor dem mir so sehr
graute. Wir haben seit paar Tagen herrliches Frühlingswetter, daß ich
heute mal nach dem Garten schaute, er ist aber noch zu naß. Lb. Friedl
Du schriebst mir so viel schönes, vor allem auch von der lb. Jugend;
wie gern wäre ich manches mal bei Euch; könnte ja auch gern Oma spielen
wie Du und lb. Frl. Ehrmann. Eigentlich kann ich mir Hans und Rolf als
Pappa’s gar nicht vorstellen, die ja noch so kleine Jungen’s waren
hier; die Zeit vergeht, ich habe nun schon 60 hinter mir und glaube
ich, die Jahre vergehen nun noch schneller; ich habe ja nicht mehr viel
zu erhoffen; bin ja nur froh wieder raus zu können, u. nicht so einsam
daheim zu sein; der Herr der bei mir wohnt kommt ja am Abend erst heim;
der Weg zu Schillings ist mir oft zu weit u. anstrengend; zu Edith nach
Heidelberg gehe ich gern, die ist immer so gut, u. hat mehr Zeit als
Bauersleute. Lb. Friedl du schriebst mir von so vielen Bekannten, ich
freue mich darüber, auch von lb. Toni, an sie denke ich schon oft u.
wird sie sich wieder gut erholen; lb. Kurt hat mir geschrieben aber von
lb. Gust höre ich noch nichts; lege paar Zeilen für Kurt bei, ich kann
die Adr. nicht richtig lesen. Sonst seid Ihr Gott sei Dank alle soweit
gesund u. wünsche Euch dies von Herzen.
Lb. Friedl Du schreibst
vom Haus u. vom neuen Hauswart. Seid lb. Otto nicht mehr da ist, merkt
man im Hof u. Haus; manchmal geht’s im Treppenhaus u. Hof toll zu; doch
wenn ich … irgendwelcher Art sehe; sag ich halt nach wie … bei Kindern;
es ist derweil Ruhe, denn es sind immer einige Partien nicht gut
zusammen. Ich grüße alle im Hause, komme jedoch in keine Wohnung, ja
Hartschuh’s wollten immer umziehen, man hört nichts mehr davon. Rosa
wohnt bei Bäckerei Simon; hat jetzt 2 Mädl u. 1 Buh der 4 Wochen alt
ist. Heut ist mir Weber Ludwig begegnet, er gab mir Bilder von der
Jugendzeit, für Gustav lege eines bei, die anderen wenn ich Gustav
schreibe, doch erst Brief von ihm erwarte. Ich hoffe, daß dies Jahr
eines von Euch rüber kommt, dann könnt ihr alles regeln. Ich habe oft
ganz große Sorgen darum „werde ich hier wohnen dürfen solange ich
lebe“?, ich möchte nicht mehr versetzt werden als „alter Baum“ der mind
seit 1932 mit Euch verbunden ist. Otto sagte immer, das Haus brächte so
viel ein, daß Ihr die Reise nach hier machen könntet jedes Jahr eines,
wenn wir die Verwaltung besorgen könnten. Herr Dr. Strauß kenne ich,
habe schon mit ihm gesprochen, daß er keine Antwort gibt kann ich nicht
verstehn. Herr Körner besorgt ja die Sachen auserhalb, der kommt zu
(Fünfgeld) Leidel schon immer, wenn die auch früher nichts mit zu tun
hatten. Ihr müßt zur Adr. schreiben z. Vorlage des Herrn Dr. Strauß.
Habe zufällig erfahren, daß Riehms Heiner (Kinobesitzer) an Euch
geschrieben. Er hat viel Geld hat verschiedene Häuser u. möchte noch
eines haben in guter Lage fürs Geschäft; Geld hat überall die Macht. Es
wird wohl viel geredet, jemand sagte mir, der Gustel sei schon
unterwegs, ich gab zur Antwort, ich weiß nichts im Brief von Euch stand
nichts davon. Hoffen wir also dies Jahr auf ein Wiedersehn in der alten
Heimat es ist noch alles beim alten geblieben. Für heute wünsche ich
Euch allen alles Gute u. laßt bitte mal wieder von Euch hören.
Herzliche Grüße allen lb. Bekannten bes. auch an Toni.
Sei Du lb. Friedl recht herzlich gegrüßt von Deinem Kätchen. Besorge
bitte diese Zeilen zu Kurt.“
Brief
von Kätchen Brandner vom 4.Juli 1954 an Friedel Ehrmann in Amerika

„Liebe
Friedel!
Es
ist nun gar lange Zeit, daß wir uns nicht geschrieben; so will ich's
heute doch schnell tun; es fiel mir ein, daß der 9. Dein Geburtstag
ist. Zum neuen Lebensjahre meine herzlichsten Glück- Segenswünsche,
mögest du noch viele Jahre gesund und wohlbehalten im Kreise Deiner Lb.
verbringen. Wie gerne würde ich dir einen Strauß duftender Nelken von
Eurem Gärtchen überreichen; wenn die Gladiolen blühen, will ich dir ein
Bildchen schicken. So Gott will und wir gesund bleiben, hege ich doch
den Wunsch, im nächsten Jahr Deinen Besuch hier erwarten zu dürfen.
Riehm wird dann alles schön hergerichtet haben; der Laden und die
Werkstatt sind jetzt fertig zum einräumen. Heiner Riehm war 4 Wochen in
Bad Tölz b. München gestern ist Er zurückgekommen; Er hat viel vor im
Haus; Walter Schilling der Schwiegersohn macht die Pläne. Ich soll dann
unten eine Küche u. das hintere Zimmer bekommen, doch bin ich nicht so
sehr begeistert dafür, da es kalt ist, wenn die lb. Sonne nicht viel
rein scheint; ich bin so froh, daß ich wieder einigermaßen auf dem
Posten bin u. raus kann in Garten; ich hab doch m. lb. Freundinnen.
Frau Bär kommt viel her und holt mich zum Spaziergang ab; diese Tage
wollen wir mal zuu Schillings rauf, das ist noch ein anstrengender Weg
für mich. Frieda und Fam. geht es gut, viel Arbeit mit 4 Jungen u. das
Mädchen ist leider nicht mehr es wäre 14 Jahre u. könnte manches tun.
Großvater war schwer krank, doch ist er sehr zäh von dem guten Wein.
Gossenbrunnen hat Geiser gekauft; Er wird ein schönes Gasthaus daraus
machen. Was macht Gust? ist Er schon verheiratet? von Hanna habe ich
eine Karte bekommen, wie ich daraus vernehme, geht es Ihnen gut; mit
ihrem schönen Auto werden Sie Euch oft besuchen. Was macht die
Hühnerzucht? da gibt's auch viel Arbeit. Wie geht es Anna? die Kinder
sind nun auch erwachsen u. nicht mehr daheim. Ferdinand wird auch
überall fehlen; bei mir ist auch so, in allem ist man allein. Hört ihr
noch von D... (?)? Wie wirds den Kindern gehn? Von Nußloch soll ich
euch grüßen. Renche Lene (?) besuchte mich, es geht ihr gesundheitlich
gut u. ist nun 83 Jahre alt. In nächste Zeit gehe ich mal zu das
Lenchen u. Mina, Stumpf ist auch an einem Herzschlag mitten in der
Arbeit gestorben. Lb. Mina Ehrmann wird wohl von Nußloch erfahren.
Lb.
Friedel ich hätte doch gern mal ein Bildchen von Euch; kann mir lieben
Charly gar nicht vorstellen, wie groß er wohl schon ist; da ich nie ein
Bildchen bekommen habe. Du hast ja nun auch schon paar Enkel! u. hoffe,
daß es Euch allen gut geht. Für heute nun will ich Schluß machen u.
seid alle recht herzlich gegrüßt.
Dir lb. Friedl nochmals alles Gute u. ein schönes Geburtstagsfest nebst
vielen herzlichen Grüßen
D. Kätchen
Laß doch bitte bald von Euch hören, es ist für micht jedes mal ein
großer Freudentag.“
Brief
von Fritz Schilling vom 6.April 1958 an Friedel Ehrmann in Amerika
„Frau
Friedel Ehrmann!
Nicht
wenig erstaunt Frau Ehrmann, werden Sie sein von uns heute einen Brief
zu erhalten. Die Verbundenheit mit Ihrer Familie, mit Ihren werten
Eltern veranlaßt mich diese Zeilen zu schreiben da ich der Annahme bin,
daß ich der Berufene bin Ihnen Frau Ehrmann möchte näher treten, dir
lieber Friedel heute das Neueste aus der alten Heimat und aber auch
etwas Trauriges mitzuteilen. Liebe Kätchen Brandner meine Schwägerin
ist ihrer Krankheit unterlegen und verstarb am 24.März 1958. Deinen
lieben Brief vom 15.3.58 erreichte sie noch gerade zu den letzten
Lebenstagen konnte jedoch sich über die Zeilen nicht mehr erfreuen da
ihre Kräfte gebrochen waren und zusehens abnahmen. Am 27.3.1958 legten
wir sie in Gottesacker zur letzten Ruhestätte an die Seite Ihres vor
Jahren verstorbenen Mannes. Ihre Hauptsorge in den letzten Wochen, als
es noch möglich war mit Ihr zu reden gald Ihrem einzigen geliebten Sohn
Rudi (?), der in weiter Ferne vermisst ist, und sehr wahrscheinlich
auch ein Opfer des unsinnigen Krieges sein wird. Liebe Friedel beim
Durchsuchen der Habseligkeiten von Kätchen fanden wir den genannten
Brief ... (?) einem Bild ich glaube es ist Kurt welches ich beilege da
ich der Meinung bin es könnte für dich eine Jugenderinnerung sein.
Ferner erlaube ich mir eine Fotographie beizulegen die Kätchen in der
Leichenhalle aufgebahrt wiedergibt. Reichlich mit Blumen und Kränzen
bedacht war Ihr Abschied.
Liebe
Friedel in letzter Zeit sprach Kätchen mit mir des öfteren von Ihrem
Garten der ja noch Euch gehört und bat mich wir sollen uns um das
Gärtchen annehmen. Mein lb. Sohn Karl ist Gärtner und hat jetzt ein
Blumengeschäft in Leimen eröffnet er wäre gewillt das Gärtchen bis zur
eventuellen anderen Verwendung betreuen wenn es dir recht ist. In
absehbarer Zeit 1-2 Jahren soll dort eine Straße durchgeführt werden
der der Garten zum Opfer fällt. Vielleicht könntest du uns darüber (?)
mal schreiben. Von meiner eigenen Familie kann ich zur Zufriedenheit
schreiben daß noch alles gesund ist. Nur Vater bald 80 liegt zur Zeit
im Bett gegenwärtig wieder etwas besser. Meine Frau (eine Schwester von
Kätchen) Frida läßt dich ebenfalls recht freundlich grüßen und wünscht
dir mit Deinen Lieben Gesundheit & Wohlergehen.
Nun
möchte ich zum Schluß kommen und dir für alle Zukunft Gesundheit und
Wohlergehen wünschen und verbleibe in aller Aufrichtigkeit mit den
besten Grüßen meiner ganzen Familienglieder
Fritz
Schilling
Genaue
Anschrift:
Fritz
Schilling
Landwirt
Leimen
/ Heidelberg
Heltenstr.
44“
|
|
|
|